Dieser Artikel beschreibt, wie man die vermeintlich schwierigen Doppelweichen (Dreiwegweichen) selbst bauen kann.
Zugegeben, mehr als doppelt soviel Aufwand als bei zwei einfachen Weichen (EW) hat man schon aber auch nicht wesentlich mehr. Und doch ist es nicht soviel anders als bei den einfach abzweigenden.
Zu den grundsätzlichen Dingen muss ich hier nichts wiederholen. Man findet hierzu alles sehr gut beschrieben in den bekannten Quellen [1,2,3]. Ich gehe davon aus, dass man die aufgeführten Dokumente kennt und mindestens 3 EW gebaut hat, bevor man sich mit einer Doppelweiche (DW) anlegt. Diese Anleitung ist daher als Ergänzung der allgemeinen Anleitungen zu verstehen und kann als pdf heruntergeladen werden. Für das Anlöten von Stelldrähten findet sich hier eine weitere Hilfestellung.
Was also macht eine DW anders?
- Durch die Verschachtelung von zwei Weichen gibt es einen komplizierteren Bereich zwischen zwei eng aneinander liegenden Herzstücken
- Eine Backenschiene ist gleichzeitig eine Weichenzunge
- die Weichenzungen des zweiten Abzweigs sind etwas kürzer als normal
- Bei der Polung muss man vier zu trennende Bereiche mit Strom versorgen
Das ist dann auch schon fast alles. Die Geometrie ist unverändert (für fiNescale) und es gibt nur wenige Bauteile, die ein bisschen anders sind als sonst. Damit braucht man keine anderen Werkzeuge und die Schablone einer EW kann verwendet werden, wenn man will. Also, gehen wir es an.
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Im ersten Schritt bereitet man die Backenschienen vor. Bei der DW gibt es zwei Zungen, die Fräsarbeit an einer der beiden Backenschienen fordern. Die erste Stelle ist wie bei Einfachweichen nach der ersten Schwelle folgend auf die erste Doppelschwelle. Diese normal vorbereiten.
Die zweite Ausfräsung braucht man für die zweite Abzweigung. Der Bereich startet nach der fünften Schwelle folgend auf die ZWEITE Doppelschwelle. Bitte nur die Backenschiene des Innenbogens fräsen, da die andere Weichenzunge an die Weichenzunge des ersten Abzweigs anlegt. Merke: Nur die Backenschiene zweimal fräsen, die über die ganze Länge der Weiche geht! |
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Danach können die Backenschienen aufgelötet werden. Dazu wie üblich nur an wenigen (Doppel-) Schwellen fixieren und mit der Schablone den Sitz kontrollieren/korrigieren. Das Herzstück der ersten Abzweigung wie gewohnt herstellen und einlöten. Für Die Geradeaus-Schiene eine grössere Länge lassen, so dass sie bis ans Ende der Weiche langt. Auf den nächsten Bildern sieht man, dass ich mit dem Bleistift den ungefähren Verlauf für den Rest der Schienen skizziert habe. Jetzt ist die richtige Zeit dafür! Das hat mir geholfen...
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Danach wird das zweite Herzstück vorbereitet und gelötet. Wer will kann hierfür auch die EW Schablone verwenden, muss sich aber den hinteren Haltepunkt (rechts ausserhalb des Bilds) selbst setzen, da nicht vorhanden. |
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Die Flügelschiene des zweiten Abzweigs geht in das gemeinsame Herzstück der beiden Abzweige über (1). Diese Schiene ist die nächste, die man lötet. Danach habe ich die Flügelschiene des ersten Abzweigs gelötet, die das Herzstück mit dem zweiten Abzweig bildet (2). Nun kann man nämlich noch die 9 mm Abstand zur Backenschiene des ersten Abzweigs mit der Schieblehre messen! Erst dann kann die zweite Flügelschiene des ersten Abzweigs gelötet werden (3). Man orientiert sich am bereits vorhandenen geraden Gleis des ersten Abzweigs nach dessen Herzstück. Anschliessend können Teile 4 und 5 eingelötet werden.
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Die Schienenstücke sind tatsächlich so "verstümmelt". Das ergibt sich aus der Polung der Weiche. Die vier Farbbereiche zeigen deutlich an, wo geschnitten werden muss. Wenn wir schon beim Strom sind: Einige der Kupferplättchen auf dem Weichenrost sind falsch. Auf dem Bild oben sieht man z.B. die 3. Schwelle von rechts durchgehend in Kupfer. Hier muss man mit der Feile nach dem Löten eine Trennung selbst schaffen. Das gilt evtl. auch für weitere Schwellen um diese eine herum (mehr dazu s.u.). |
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Teil 4 muss mit der Schieblehre eingemessen werden, daher erst nur wenige Lötpunkte setzen. Die Schablone liegt auf den bereits glöteten Schienen auf und vorher würde man nicht wissen, wo anlegen... Aber es ist einfacher als angenommen! Teil 5 ist in der Tat etwas tricky. Es ist ziemlich klein. Der auf dem Bild linke Stummel ist die Leitschiene und muss daher flach gefräst/gefeilt werden bis zum Knick. Der Rest läuft im Bogen mit 190m Radius. Nun, auf der kurzen Strecke kann man das schon "schätzen" ;-) Man kann es länger machen, das geht dann aber zu Lasten der ohnehin wenigen Lötpunkte für die Zunge der Aussenschiense des zweiten Abzweigs...! |
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Die Zungenschiene des ersten Abzweigs ist das nächste Teil. An der korrespondierenden Backenschiene ermitteln, wo für die Zunge des zweiten Abzweigs gefräst werden muss. Beim Löten darauf achten, dass die Mindestabstände zu den bereits liegenden Schienen gewahrt bleiben. Anschliessend sind die Zungen des zweiten Abzweigs zu verbauen. Die äussere ist nur auf recht kurzer Strecke beweglich. Es funktioniert trotzdem einwandfrei. Es bleiben fünf Lötpunkte kommend von der Trennstelle, das reicht aus. Die andere ist zu löten wie bei einer EW. |
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Hier die Situation um die Zungen des zweiten Abzweigs. Ausgehend von der zweiten Doppelschwelle liegt die Stellschwelle zwischen der 6. und 7. Für die Aussenschiene des zweiten Abzweigs (hier die rechte) bleiben nur sieben ungelötete Schwellen als Bewegungsraum. Ab der fünften Schwelle ausgehend von der Stellschwelle des zweiten Abzweigs (das ist die mit Kupfer durchgängig belegte Schwelle) müssen sieben weitere Schwellen elektrisch selbst getrennt werden. Wieviele es wirklich sind hängt von der Trennstelle des blauen, grünen und roten Bereichs ab (s.o.)! |
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Nähern wir uns nochmal dem engsten Bereich: Der Abstand zwischen der äusseren Zunge des zweiten Abzweigs und der geraden Flügelschiene des ersten Abzweigs muss überall 0.5 mm entsprechen. Das ist nicht ganz einfach, benötigt Fingerspitzengefühl und sicher die eine oder andere Korrektur. Die entsprechende Leitschiene (s.o. Teil 5) kann sogar noch länger sein und braucht fast keine Kompromisse gegenüber dem Vorbild. Etwas kürzer muss es allerdings schon sein, sonst würden die Räder drüber fahren. Meine zweite Weiche geht diesbezüglich schon ein ganzes Stück weiter. Ich habe den Feinschliff im Sinne des Wortes mit einer Dreikantfeile im bereits gelöteten Zustand erzeugt. |
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Ich hoffe, dieses Bild der fertigen Weiche, hier noch ohne Radlenker, illustriert die oben etwas mühselig beschriebenen Abschnitte...;-) Für NEM Bauer gilt die beschriebene Geometrie übrigens nicht. Die verlangten Rillenweiten und die dicken Räder verlangen einige Kompromisse. Bei Jens findet man dazu ein paar Bilder. |
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Nun heisst es fahren und testen. Eine einfache Achse hilft mir dabei am besten, weil man um die kritischen Stellen herum alles ganz genau beobachten kann. Man schiebt sie gerade mit einem Zahnstocher oder einer entmagnetisierten Pinzette über die Schienen. Ausserdem ist sie extrem leicht! Sollte also irgendwo zu ungenau gearbeitet sein, steigt die Achse sofort auf resp. fällt von der Schiene. Damit sind Problemzonen schnell gefunden und eleminiert. |
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Lohn der Arbeit: Eine wunderbare DW (hier rechts/links), auf der keine Lok elektrische Probleme haben sollte. Ist schon schön, einen Zug langsam drüber fahren zu sehen. |
Referenzen
[1] Jens Emmermann, Bauanleitung für die einfache Weiche EW 190 1:9 im Maßstab 1:160, Nette 2001
[2] Martin Kernl, Bebilderte Bauanleitung für die einfache Weiche EW 190, www.spurneun.de
[3] Edward von Flottwell, Zungenspitzen HowTo, www.finescale.org